Zur Stupa-Wahl wird Dahlem zum Schilderwald. Eva Perhacova, Kim Mensing, Lisbeth Schröder, Melanie Böff und Zoe Schütte haben sich einige mehr oder weniger kreative Wahlplakate genauer angeschaut.

Liste 9 - Linke Liste
Es liegt in der Natur des Wahlplakates, Aufmerksamkeit erregen zu wollen. An einem flotten Spruch und einer auffälligen Gestaltung mangelt es dem Plakat der „Linken Liste“ nicht. Auf den ersten Blick wird klar: die Liste 9 ist eine für Revolutionäre. Doch der Slogan „Reclaim the university“ trägt nicht mehr als die Aufforderung zum Zurückerobern in sich. Was will die Linke Liste denn an der Uni erobern? Ein listiger Bub beschmiert den Spruch: Na, „alles“ natürlich!
Mit ihren Leitlinien „aktiv und basisdemokratisch“ rufen die Linken zur Teilnahme an der Unipolitik auf. Darauf werden sicher einige „Aktive“ anspringen, die sich unter der Zurückeroberung der Uni etwas vorstellen können. Ob das Plakat die übrigen Studenten zur Revolution ermuntert, ist fraglich. – cf (Kim Mensing)

Liste 3 - "Für freie Bildung - Gegen Anwesenheitspflicht"
Auf altbewährte Slogans setzt die Liste „Für freie Bildung – gegen Anwesenheitspflicht!“ und bedient sich frei bei der Anti-Atomkraft-Bewegung. Deren Logo mit seinem berühmten Ausspruch haben die Vertreter der Liste 3 mal eben umgedichtet in „Anwesenheitspflicht? NEIN DANKE“ und starten damit denkbar unoriginell in die Wahlen zum Stupa 2015. Nicht nur ohne übermäßig viel eigene Kreativität, sondern auch mit einer seltsamen Größenverteilung der Schrift lässt dieses Plakat gestalterische Wünsche offen. Ein griffiges Logo mit keckem Spruch – trotz geklauter Idee: Daumen hoch. Wenn aber alle Interessierten mit der Nasenspitze das Papier berühren müssen, um die anderen Ziele dieser Liste zu erkennen, hätte man gar kein Plakat gebraucht. – cf (Melanie Böff)

Liste 33 - International Students/Students of Color
Energiegeladen, tanzend, vielseitig: So sieht sich die Liste der internationalen Studenten im tristen Unigrau. Weder kritisch noch mit irgendwelchen Inhalten geschmückt, erinnert das Plakat ein wenig an die Parteiplakate der letzten Bundestagswahl: ,,Wir haben die Kraft“ (CDU) kann man zum Beispiel ebenso in dem Plakat der internationalen Studenten wiedererkennen: Die Kraft zu tanzen, zu schmunzeln oder einfach nur grün, blau und rot zu sein? Wir wissen es nicht, aber dieses wunderschöne, farbengeladene Material lädt zum munter vergnügten Wählen ein. – cf (Lisbeth Schröder)

Liste 17 - Grüne Alternative Liste
Die Farbe Grün spart sich die Grüne Alternative Liste (GAL) bei ihrer diesjährigen Wahlkampagne. Zumindest auf ihren Wahlplakaten. Stattdessen werben sie mit einem bedrohlich aussehenden schwarzen Kraftwerk vor neon-pinkem Hintergrund für ihre Forderung: „Für grüne Energie an der FU Berlin! - Vattenfall abschneiden!“ Farbtechnisch auf jeden Fall ein Eyecatcher. Textlich bleibt die GAL kurz und bündig und hat im Vergleich zum letzten Jahr ein deutlich „grüneres“ Anliegen. Wo vorher verschmitzt für Anwesenheitslisten-Entsorgung geworben wurde, steht jetzt ein vom Strom abgeschnittenes Kraftwerk. In diesem Jahr fordern sie eine ökologische Stromversorgung der Uni. Schön! Hoffentlich müssen wir demnächst nicht bei Kerzenlicht in der Vorlesung sitzen. – cf (Eva Perhacova)

Liste 21 - feministische frauen* lesben* trans* liste
„Feministische Frauen*, Lesben* und Trans*“, das spricht doch für sich, weshalb also noch Text? Das dachte sich wahrscheinlich auch Liste 21. Nachdenklich stimmen die Sternchen hinter den drei Begriffen. Weisen diese nicht normalerweise auf eine kleine, kaum leserliche Zusatzinformation am Rande des Plakats hin? Dem ist hier nicht so. Dafür kann es nur zwei Erklärungen geben: Erstens, sie steht auf dem Plakat, man kann sie aber nicht lesen. Zweitens, die Sternchen müssen nicht erklärt werden, die sprechen ja für sich. Trotzdem erfüllt das Plakat seinen Zweck. Außerdem bringt es ein wenig Farbe ins graue Dahlem. – cf (Zoe Schütte)

Liste 2 - Jusos
Ungewöhnlich blass zeigen sich die sonst so roten Jusos mit ihren schnöden schwarz-weißen Wahlplakaten. Farblos zwar, aber nicht weniger kämpferisch als in den vergangenen Jahren. Dieses Mal soll es der Sardinenbüchse an den Kragen gehen. Der Sardinenbüchse? Eine kecke Metapher haben sich die Jungsozialisten in diesem Jahr für die überfüllten Hörsäle an der Uni einfallen lassen. Mehr Platz für die Studenten, mehr Zeit für gute Lehre! Mit weiteren Wahlversprechen halten sie sich dann aber auch schon wieder sehr zurück auf ihrem Plakat. Trotz farblicher Dürre haben die Jusos das Prinzip wirksamer Wahlwerbung verstanden: kein unnötiger Schnickschnack – dafür ein Motiv, das im Kopf bleibt. gepaart mit einer klaren Botschaft an alle potenziellen Wähler. Bitte mehr davon! – cf (Melanie Böff)

Liste 2 - Jusos
Ohne die Fußzeile lässt sich das Plakat in drei Bereiche einteilen. In verschiedenen Schriftgrößen und -arten geht es nur um ein Thema: Gegen Rassismus! Man hätte sich ruhig einen der einfallslosen Sprüche sparen können um seine Kräfte auf etwas Ausgefalleneres zu konzentrieren. Vielleicht unterschätzen wir die Jusos aber auch und die Farbauswahl ist nicht nur aus Spargründen gewählt, sondern konterkariert durch „schwarz und weiß“ den Rassismus, der ja von Ab- und Ausgrenzung lebt. – cf (Zoe Schütte)

Liste 15 - Liste für das Semesterticket (Semtix)
„Semtix“ - bitte was? Eigentlich ein kreativer Name für eine Liste, die sich mit dem Semesterticket beschäftigt. Leider erinnert der Titel eher an ein Pharmazeutikum. Doch das Bild hilft weiter: Offenbar geht es um den öffentlichen Nahverkehr. „Die Liste fürs Semesterticket“ steht klein gedruckt darüber, ebenso unauffällig die zwei zentralen Forderungen: faire Preise und ein barrierefreier Zugang. Vielleicht ist die schlechte Lesbarkeit beabsichtigt, angesichts des nicht gerade sensationellen Umfangs. Doch warum so bescheiden? Kein Wort zur letzten Urabstimmung? Schließlich geht die Liste auf die Bedürfnisse vieler potenzieller Wähler ein: Transport für wenig Geld und jeden Studenten – ganz gleich, ob er zu Fuß oder auf Rädern unterwegs ist. – cf (Kim Mensing)

Liste 20 - Rollenspieler wider das Böse
Lange musste ich suchen, um den Inhalt dieses Plakats zu begreifen. - ,,Rollenspieler wider das Böse“ - bedeutet das, jene Trumpfkarte des Wandelbaren zu besitzen, um in die dunklen Stuben Mephistos und Beelzebubs einbrechen zu können? Bei Facebook werde ich schließlich fündig: ,,Gemeine Studienordnungen, übervolle Lesestuben ohne magische Folianten, garstige Tavernen und grässliche Orks im Grunewald – es gibt viel Böses in dieser Welt. Wir sind ausgezogen, dieses Übel zu bekämpfen.“ Welch glorreiches Ziel! Inhaltlich steht da nicht viel mehr, aber vielleicht wird es ja was bis 20015. – cf (Lisbeth Schröder)
Fotos: Christoph Spiegel
Ein Kommentar
Da wäre doch auch noch die Bewertung des Plakats von Die Partei interessant gewesen!